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Foto: Andrea Hesse

Die Nähe Gottes im Alltagsgespräch erleben

Nachricht 15. Oktober 2014

Jahrestagung der Altenheimseelsorge in Springe

Mit 30 Teilnehmenden fand die Jahrestagung der Altenheimseelsorgerinnen und -seelsorger jetzt im Lutherheim in Springe statt. Eingeladen werden im jährlichen Rhythmus alle Pastorinnen und Pastoren sowie Diakoninnen und Diakone, die einen Auftrag zur Mitarbeit in der Altenheimseelsorge haben. Die Teilnehmenden sind sowohl auf Vollzeitstellen, zum Beispiel in einer Einrichtung der Diakonie, als auch mit Teilaufträgen innerhalb einer Gemeinde oder eines Kirchenkreises tätig. Da sie in ihrer Region häufig die einzigen Beauftragten für diesen Arbeitsbereich sind, ermöglicht die Landeskirche ihnen mit der Jahrestagung das Kennenlernen der Kolleginnen und Kollegen, die Fortbildung und den fachlichen Austausch über das hohe Alter, über Pflegebedürftigkeit und die Gestaltung ihres seelsorglichen Auftrages im Altenpflegeheim.


In diesem Jahr lag der Schwerpunkt der Tagung auf dem Thema „Angehörige in der Altenheimseelsorge“. Angehörige begegnen den Seelsorgenden regelmäßig, aber ungeplant. Im Gespräch mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern finden sie einen Raum zum Nachdenken über die Pflegesituation ihres Verwandten oder Betreuten, die Gestaltung der Beziehung oder die Aufgabe des Abschiednehmens.
Den theologischen Schwerpunkt bildete ein Vortrag von Professor Wolfgang Drechsel. Er ist seit 2004 Professor für Praktische Theologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Dort wird am Theologischen Seminar Altenseelsorge gelehrt. „Zu unseren Ausbildungszeiten gab es das noch nicht“, seufzten die Teilnehmenden anerkennend und fast ein wenig neidisch.


Professor Drechsel stellte dar, dass die Altenseelsorge sowohl in der Seelsorgetheorie als auch im kirchlichen und kirchenpolitischen Handeln bisher kaum Beachtung erfahren habe. Das sei einerseits in der unreflektierten Übernahme gesellschaftlicher Wertemuster begründet, die der Jugend und dem produktiven Erwachsenenalter höheren Wert zuschreiben als dem Leben im Alter. Es gebe aber auch speziell in der Seelsorgelehre liegende Gründe: Das Paradigma der beratenden Seelsorge und später der Pastoralpsychologie habe ganze Generationen von Seelsorgern eine Problemlösung oder persönliche Weiterentwicklung des Gesprächspartners als Ziel eines Seelsorgegespräches sehen lassen. Daher hätten sie sich nach Möglichkeit Menschen zugewandt, die für Entwicklung und Veränderung offen zu sein schienen. In der Altenseelsorge hingegen gehe es häufig um scheinbar harmloses Alltagsgeschehen und das gemeinsame Verweilen im Augenblick; ferner um das Ringen des Menschen mit seiner Vergangenheit oder der jetzigen verfallenden Leiblichkeit.


Dies alles seien Dinge, die auszuhalten seien ohne eine Veränderung erzielen zu können, so Professor Drechsel. Seelsorgende könnten lernen, darin Gott zu erfahren, ihm in der banalsten Form des Endlichen zu begegnen. In dem Menschen, mit dem wir reden oder schweigen, singen, lachen und beten, begegnet uns Jesus Christus sub contrario: in Leid und Schmerz, Einsamkeit, Gebrechen und Demenz. Gerade hier sei der Ort, an dem wir uns auf der Ebene unmittelbarster Realität mit der Frage nach der Kreuzestheologie konfrontiert sehen. Wer das akzeptiere, erlebe die Nähe Gottes gemeinsam mit dem besuchten Menschen im Alltagsgespräch.


Die Jahrestagung 2015 der Altenheimseelsorgerinnen und -seelsorger findet vom 7. bis zum 9. September 2015 im Hanns-Lilje-Haus in Hannover statt. Interessierte, die bislang keine Einladung zu den Tagungen erhalten haben, sollten sich direkt an die landeskirchliche Beauftragte für Altenseelsorge, Pastorin Gisela Freese, wenden.