Foto: Andrea Hesse

Die Kunst, respektvoll in Beziehung zu treten

Zehn Jahre Zentrum für Seelsorge und Beratung

Gratulation zum zehnten Geburtstag des ZfSB: Angela Grimm (von rechts) mit Dr. Nicola Wendebourg und Dr. Vera Christina Pabst. Foto: Andrea Hesse

„Ich werde gut Obacht geben auf dieses Schatzkästchen unserer Landeskirche, das mit dem Zentrum für Seelsorge geschaffen wurde“, betonte Ralf Meister im Juni 2014 in seiner Ansprache zur Eröffnung des Zentrums für Seelsorge (ZfS). „Hier wird mit Seelsorge und Beratung ein zentraler Auftrag unserer Kirche verwahrt“, so der Landesbischof weiter im damaligen Gottesdienst, der in einem Zelt auf dem Gelände der Hochschule Hannover in Kleefeld gefeiert wurde. Das neu gegründete Zentrum für Seelsorge selbst war für die große Zahl von Besucherinnen und Besuchern aus allen Teilen der Landeskirche zu klein.

„Wir wollten mit diesem Zentrum die Seelsorge und die Beratung als die stillen und gleichwohl vom Evangelium her zentral wichtigen Felder kirchlichen Handelns gezielt in den Blick rücken und stärken“, erklärte jetzt, gut zehn Jahre später, Oberlandeskirchenrätin Dr. Nicola Wendebourg in ihrem Grußwort zum zehnten Geburtstag des heutigen Zentrums für Seelsorge und Beratung (ZfSB). „Heute, in diesem November 2024, scheint mir die Stärkung des Handlungsfeldes wichtiger als je zuvor – hätten wir noch kein ZfSB, wir müssten es sofort erfinden. Hier lernen Menschen Kommunikation, hier kultivieren sie die Fähigkeit, mit anderen offen und respektvoll in Beziehung zu treten – und geben diese Fähigkeit in großem Stil weiter.“

Wie wirken Gehirn und Seele zusammen? 

Den ersten runden Geburtstag des ZfSB feierten Direktorin Angela Grimm und ihr Team mit einem Fachtag mit anschließendem Empfang im hannoverschen Stephansstift. Gehirn und Seele – wie wirken sie zusammen? Wie entstehen Psyche und Persönlichkeit? Was sind die Voraussetzungen für die Entwicklung von psychischer Gesundheit und Resilienz? Mit diesen Fragen befasste sich der Fachtag mit Vorträgen und Workshops, an denen rund 130 Personen aus allen Regionen der Landeskirche teilnahmen, unter ihnen auch frühere Mitarbeitende des ZfSB.

Unter der Überschrift „Wie das Gehirn die Seele macht“ referierte Dr. Nicole Strüber, Neurobiologin und Wissenschaftsautorin, über das Zusammenwirken von psychischen Erfahrungen und neurobiologischen Vorgängen. Eine zentrale Erkenntnis der Forschung auf diesem Feld laute, dass Erfahrungen auch über das epigenetische System die Persönlichkeit und die psychische Verfassung eines Menschen beeinflussen und dies über Generationen weitergegeben wird.

"Ins Gespräch gehen, immer wieder"

Professorin Dr. Angela Moré, Sozialpsychologin und Gruppenanalytikerin, knüpfte im zweiten Teil des Fachtages aus der Perspektive der Psychologin an den Vormittag an. Sie ging auf den von Freud geprägten Begriff der Gefühlserbschaft ein und stellte die Frage, was gegen die Weitergabe etwa von Kriegstraumata über mehrere Generationen getan werden könne. „Ins Gespräch gehen, immer wieder“, lautete ein Ratschlag der Professorin der Leibniz-Universität Hannover. Dabei sei es von zentraler Bedeutung, das jeweilige Gegenüber und das von ihr oder ihm Gesagte zu respektieren.

„In einer Gesellschaft, in der der Ton immer rauer wird, in der die Freude am Rechthaben über das Interesse am Anderen siegt, das Schwarzweiß über die Zwischentöne; in der Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus grassieren wie ganz lange nicht mehr, kann es gar nicht genug Menschen geben, die geschult sind in der Kunst zu hören, in der Kunst, in Beziehung zu treten“, schloss Nicola Wendebourg in ihrer Würdigung des ZfSB an diesen Gedanken an.

„Mit vielfältigen, gewachsenen Angeboten unterstützt ihr Menschen in ihren Rollenwechseln“, erklärte Dr. Vera Christina Pabst, die als Sprecherin der Einrichtungsleitungen in der hannoverschen Landeskirche ebenfalls ein Grußwort sprach. „Ihr befähigt sie, dass sie auf andere zugehen und zuhören, dass sie andere in Schicksalsschlägen und Veränderungen begleiten, dass sie ermutigen und trösten können, als Berufliche und als Ehrenamtliche.“