„Unsere Kirche sollte ältere Menschen fragen“

Nachricht 04. März 2024

Als „Sorgende Gemeinde“ bauen Kirchengemeinden ein Netzwerk auf

Pastorin Anita Christians-Albrecht

„Netzwerk“ – das ist für die Kirchengemeinde Großenwieden kein Fremdwort. Sie hat das „Netzwerk für gegenseitige Hilfe“ gegründet und arbeitet dafür eng mit Partner*innen in dem rund 1000 Menschen zählenden Stadtteil von Hessisch Oldendorf zusammen. „Großenwieden ist in der hannoverschen Landeskirche ein gutes Beispiel für eine sorgende Gemeinde“, sagt Dagmar Henze vom Arbeitsfeld „Alternde Gesellschaft und Gemeindepraxis“ im Haus kirchlicher Dienste in Hannover.

Sorgende Gemeinde – hinter diesem Begriff steht ein auf EKD-Ebene entwickeltes Konzept, wonach sich Kirchengemeinden zusammen mit anderen Akteur*innen in ihrem Dorf oder ihrem Stadtquartier um Ältere kümmern und ihre Räume für das Miteinander der Generationen öffnen.

In Großenwieden wird dieser Ansatz bereits im Gemeindebrief sichtbar: Hier kommen auch der Ortsrat, die Feuerwehr und die Heimatgemeinschaft zu Wort. Darüber hinaus gibt es eine Gemeindeschwester – für alle Menschen, unabhängig von Konfession oder Nationalität. Bei Krankheit oder Pflegebedarf berät sie oder unterstützt dabei, Hilfsdienste zu organisieren. Einmal in der Woche gibt es im Gemeindesaal einen Mittagstisch für alle Interessierten sowie einen Tagestreff für Senior*innen. Es wird zum gemeinsamen Gärtnern und zu einem Stricktreff eingeladen, und der Gemeinschaftsgedanke reicht noch weiter: Die alte Pfarrscheune wurde zu einer Wohngemeinschaft für ältere Menschen umgebaut. Mit all diesen Angeboten soll die lokale Gemeinschaft gefördert und die Lebensqualität verbessert werden.

„Die Haltung ist entscheidend“, sagt Henze. „Es ist wichtig, über den eigenen Kirchturm hinauszuschauen, mit der Kommune, mit Vereinen, Wohlfahrtsverbänden oder anderen zu kooperieren und offen zu sein für deren Ideen.“ Es reiche nicht aus, auf Bewährtes zu setzen: „Ein Senior*innenkreis einer Kirchengemeinde ist ein erfolgreiches Modell für betagte Menschen. Für diejenigen, die gerade in Rente gegangen und oft noch sehr aktiv sind, ist das aber kein attraktives Angebot.“

„Unsere Kirche sollte ältere Menschen ergebnisoffen fragen, was sie von ihr brauchen und wo sie sich mit ihren Potentialen und Fähigkeiten einbringen möchten“, erklärt Anita Christians-Albrecht, Beauftragte für Altenseelsorge im Zentrum für Seelsorge und Beratung der hannoverschen Landeskirche. Gemeinsam mit Dagmar Henze und Anette Wichmann von der Evangelischen Erwachsenenbildung Niedersachsen verantwortet sie das Programm „Älterwerden im Quartier“ des „Runden Tisches Alter“ in Hannover, das im laufenden Jahr 16 Veranstaltungen zum Thema anbietet – vom zweistündigen Webinar bis zum Thementag.

„Sorgende Gemeinde werden“ ist der Titel eines Webinars, das am 9. April von 17-19 Uhr per Zoom stattfindet. Annegret Trübenbach-Klie, Bildungsreferentin der Evangelischen Erwachsenen- und Familienbildung in Baden, hat am Konzept der sorgenden Gemeinde mitgearbeitet und es in der evangelischen Kirche Baden erprobt. Sie stellt das Konzept vor und berichtet von ihren Erfahrungen.

Die Anmeldung ist HIER möglich; weitere Informationen sind im Flyer „Älterwerden im Quartier“ (rechts) zu finden.

Quelle: Joachim Göres, Evangelische Zeitung vom 18.02.2024 / Andrea Hesse, Zentrum für Seelsorge und Beratung

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