Mit einem Festgottesdienst in der St.-Lamberti-Kirche feierte die Telefonseelsorge in Oldenburg jetzt ihr 50-jähriges Bestehen. Rund 80 ehrenamtlich Mitarbeitende gehören der Einrichtung aktuell an; monatlich führen sie 8.000 bis 9.000 Telefongespräche und haben etwa 300 Chatkontakte.
Oft beginnen die Gespräche am Telefon mit einem „Gut, dass ich Sie erreicht habe!“. Wenn Einsamkeit und Verzweiflung zu groß würden oder sich die Gedanken wie ein Strudel immer wieder im Kreis drehten, dann könne der Griff zum Telefon helfen, so Pastorin Elke Andrae, Leiterin der Telefonseelsorge Oldenburg. Auch psychisch erkrankte Menschen wählten die bundesweit kostenlos erreichbaren Telefonnummern 0800 1110111 und 0800 1110222.
„Unsere Ehrenamtlichen sind das Herz der Telefonseelsorge“, betont Andrae. Sie seien am Telefon oder im Chat ansprechbar für Menschen in ihrem Kummer, ihren Ängsten und Lebensfragen und mit ihrem Wunsch nach Kontakt und Verbindung.
Um das Oldenburger Team der ehrenamtlich Tätigen zu verstärken, absolvieren nach Auskunft der Leiterin aktuell neun Frauen und Männer eine 15-monatige Ausbildung. Für diese „Neuen“ sind, ebenso wie für die langjährig Mitarbeitenden, drei Dinge grundlegend für ihre ehrenamtliche Arbeit: Anonymität, Verschwiegenheit und Zeit. „Niemand, der anruft, wird nach seinem Namen gefragt. Jede und jeder kann anonym bleiben und die Nummer der Anrufenden erscheint in keiner Anzeige“, erklärt Andrae.
Wer bei der Telefonseelsorge mitarbeiten will, muss sich im Rahmen der Ausbildung zuvor mit dem eigenen Ich auseinandersetzen: Wo sind meine eigenen Schmerzpunkte, wann werde ich wütend? Auch Distanz zu den Problemen der Anrufenden müssen die Mitarbeitenden herstellen können – allein schon, um die eigene Seele zu schützen, wie Pastorin Andrae sagt. „Oft hören wir sehr berührende Geschichten, die man nicht einfach so wegsteckt und über die man noch lange nachdenkt. Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger müssen lernen, damit umzugehen.“
Die meisten Anrufenden sind dankbar für eine Person, die geduldig zuhört, tröstet oder einfach das gemeinsame Schweigen aushält. Doch es gibt auch immer wieder Fälle, in denen es plötzlich zu Beschimpfungen kommt. „Dann haben wir auch die Freiheit, diese Aggression zurückzuweisen und das Gespräch zu beenden“, erklärt Andrae. Grundsätzlich sei das christliche Menschenbild das Leitmotiv der Telefonseelsorge: „Jede und jeder, die oder der bei uns anruft, ist ein wertvoller Mensch, ein Geschenk Gottes. Das bedeutet Wertschätzung gegenüber jedem anderen, aber zugleich auch mir selbst gegenüber. Wir grenzen uns durchaus auch ab.“
Weil der Bedarf nach Kontakt so groß ist, kann es in Oldenburg ebenso wie in allen anderen Telefonseelsorgestellen vorkommen, dass die Leitung besetzt ist. „Bitte geben Sie dann nicht auf, sondern versuchen Sie es immer wieder. Irgendwann wird sich jemand am anderen Ende der Leitung melden“, ermutigt Pastorin Andrae.
Quelle: epd Niedersachsen/Bremen