"Erinnerung bleibt unsere Aufgabe"

Nachricht 08. Mai 2020

Landesbischof Ralf Meister zum 8. Mai

Landesbischof Ralf Meister. Foto: Jens Schulze

Als am 8. Mai 1945 die Waffen endlich schwiegen, waren mehr als 60 Millionen Menschen tot. Getötet an der Front, ermordet in Konzentrationslagern, verbrannt in Bombennächten, gestorben an Hunger, Kälte und Gewalt als Kriegsgefangene oder auf der Flucht.

Der Krieg ist seit 75 Jahren vorbei und lebt weiter. In den Lücken, die er in Familien gerissen hat. Viele erleben im Alter, dass der Krieg zurückkommt. Längst überwunden geglaubte Angst kehrt zurück und das Gefühl von Schuld.

Opfer haben überlebt. Aber sie mussten weiterleben mit dem, was sie gesehen und erlitten hatten, ein Leben lang. Kriege leben weiter. Auch für die Kinder und Enkel, die geboren wurden, als schon Friede herrschte. Krieg bestimmt über Generationen hinaus das Verhalten einer Familie, prägt die Kultur und formt eine Gesellschaft.

Die Geschichte haftet Deutschland an. Die Antworten auf die zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaft prägen unser Nachdenken, sie prägen unser Recht, unsere Politik. Sie formen unser ethisches Bewusstsein, sie beeinflussen unser theologisches Denken. Sie bestimmen unser Verhältnis als Land in der Europäischen Union und in der Gemeinschaft der Länder der Welt.

Wir halten die Frage wach: Warum sind Menschen zu so Unvorstellbarem fähig? Es bleibt unsere Aufgabe, im Pflichtenheft unserer Gesellschaft die Erinnerung an die grauenhaften Folgen von Totalitarismus, Rechtsradikalismus und Gewaltherrschaft festzuhalten.

Es gibt keine Alternative zum Frieden. Er ist unser Auftrag seit 75 Jahren.