„Ich bin total zufrieden und froh – aus dieser Woche nehme ich viel Handwerkszeug mit und habe jetzt richtig Lust, mich zu engagieren.“
„Die Abläufe sind mir in dieser Woche viel klarer geworden; auch die Möglichkeit, jederzeit ‚stopp‘ sagen und erstmal nachdenken zu können.“
„Ich fühle mich in meiner Rolle als unabhängiger Seelsorger gestärkt.“
„Es hat mir sehr gut getan zu erfahren, dass es bei den Einsatzkräften viel Wertschätzung für unsere Arbeit gibt.“
„Ich fühle mich jetzt gut auf kommende Einsätze vorbereitet.“
(Zitate von Absolvent*innen des FEA-Grundmoduls Notfallseelsorge im Sommer 2021)
Es war eine intensive, anstrengende und gleichzeitig motivierende Woche für 17 junge Pastor*innen und Diakon*innen in der hannoverschen Landeskirche und der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen: Im Hanns-Lilje-Haus in Hannover kamen sie im Rahmen einer Fortbildung in den ersten Amtsjahren (FEA) zum Grundmodul Notfallseelsorge zusammen.
Beginnend mit der Klärung der eigenen Motivation wurden in dieser Woche vielfältige Themen bearbeitet: ethisch-theologische Grundfragen und das Selbstverständnis der Notfallseelsorge; die Frage nach dem, was in und nach einem belastenden Einsatz trägt und hält; Einsätze bei Suizid oder Suizidandrohung; besondere Anforderungen in Einsätzen bei Kindern; das Überbringen einer Todesnachricht; Nachsorge für Einsatzkräfte; Schweigepflicht, Beichtgeheimnis und Zeugnisverweigerungsrecht. Hinzu kam die Klärung organisatorischer Fragen rund um Notfallseelsorge-Einsätze in Zusammenarbeit mit der Rettungsleitstelle, mit Feuerwehr und Polizei sowie den Rettungsdiensten. Fallbesprechungen und regelmäßiges Feedback der Teilnehmer*innen ergänzten den Kursplan.
„Was mache ich, wenn mir als Seelsorgerin jemand erzählt, dass er sich in den nächsten Wochen etwas antun will?“ Anhand dieser Frage einer jungen Pastorin griff Kursleiter Joachim Wittchen, landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge, das Themenfeld „Schweigepflicht, Beichtgeheimnis, Zeugnisverweigerungsrecht“ auf. „In einem solchen Fall stehen Sie vor einer Gewissensentscheidung“, stellte er fest. Es gehe darum, zwei Schutzgüter gegeneinander abzuwägen – das Seelsorgegeheimnis gegen den Schutz des Lebens. Dies gelte auch für eine ausdrückliche Suizidankündigung, die im Seelsorgegespräch geäußert werde, ergänzte Alexandra Beiße, Beauftragte für Notfallseelsorge im Sprengel Hildesheim-Göttingen und Co-Leiterin des Grundmoduls. „Für solche Fälle gibt es keine allgemeine Empfehlung, sondern es muss eine Gewissensentscheidung geben – wir werden Ihnen niemals sagen können, so oder so ist es richtig.“ Allerdings, und auch das betonten die beiden Kursleitenden, komme eine derartige Situation nur selten vor.
„Sie müssen nicht über jedes Stöckchen springen, das andere Ihnen hinhalten“, erklärte Joachim Wittchen zum Abschluss der Fortbildung anhand einer Fallbesprechung. Selbstschutz und Eigensicherung hätten immer Vorrang und bei jedem Einsatz gehe es zunächst darum, die Einsatzlage zu beurteilen: „Wenn Ihnen Ihr Auftrag unklar ist, dann gibt es nur eines: klären, klären, klären!“ Seelsorger*innen seien in ihrer Arbeit ungebunden; so dürfe auch ein Arzt oder eine Ärztin den Korridor dessen, was an einem Krankenbett gesagt werde, nicht einengen. „Nehmen Sie sich die Zeit, um innerlich zurückzutreten – auch wenn das manchmal sehr schwer ist“, lautete eine Empfehlung der Kursleitenden.
Einen letzten Rat gab Wittchen den Teilnehmenden des Grundmoduls unmittelbar vor der Abreise aus dem Hanns-Lilje-Haus mit auf den Weg: „Die Integration der Notfallseelsorge in Ihren Arbeitsalltag im Gemeindepfarramt hat viel mit Selbstschutz zu tun – Sie sollten besser nicht in einen Einsatz gehen, wenn Sie zwei Stunden später eine Beerdigung haben, sondern sich dann um eine Vertretung für den Einsatz kümmern.“