Ehrenamtlich Tätige engagieren sich in der Notfallseelsorge

Nachricht 29. September 2021

„Es kommt nicht darauf an, ob ich Blut sehen kann“

Nach dem Grundmodul sind sie für ihre ersten Einsätze in der Notfallseelsorge bereit (von links): Ira Wilkens, Bodil Reller und Sandra Heidrich mit Pastor Karl-Martin Harms. Foto: Andrea Hesse

„Kannst du denn Blut sehen?“ Diese Frage ist Sandra Heidrich einige Male gestellt worden, nachdem sie sich dafür entschieden hatte, als ehrenamtlich Tätige in die Notfallseelsorge einzusteigen. Seit einigen Jahren schon engagiert sich die Bissendorferin im Besuchsdienst ihrer Kirchengemeinde St. Michaelis; sie absolvierte am Zentrum für Seelsorge und Beratung (ZfSB) in Hannover den Basiskurs „Seelsorge als Begleitung“ und arbeitete im zugehörigen Praktikum in der Flughafenseelsorge mit – nun  wollte sie noch mehr „Handwerkszeug“ für die Seelsorge zur Verfügung haben. Im Grundmodul Notfallseelsorge, das regelmäßig am ZfSB angeboten wird, lernte sie dieses Handwerkszeug kennen und übernimmt jetzt ihre ersten Dienste in der Notfallseelsorge im Kirchenkreis Burgwedel – Langenhagen.

 „Es kommt nicht darauf an, ob ich Blut sehen kann“, sagt Heidrich. „Wenn es bei einem Einsatz Verletzte gibt, muss ich da ja nicht hinsehen sondern kann mich ganz den Menschen zuwenden, für die ich gerufen wurde.“ Auch die Statistik spricht dafür, der Frage nach dem Blut keine Priorität einzuräumen: Mehr als 80 Prozent aller Einsätze in der Notfallseelsorge finden im häuslichen Bereich statt; nur relativ selten werden die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger zu schweren Unfällen gerufen.

Motivierend und ermutigend

Gemeinsam mit Sandra Heidrich haben auch Ira Wilkens und Pastorin Bodil Reller in diesem Sommer das Grundmodul Notfallseelsorge absolviert. Wilkens, Mitglied im Christophorus-Beirat der St.-Michaelis-Kirchengemeinde und seit neun Jahren ehrenamtlich in der Hospizarbeit engagiert, wünschte sich eine neue Herausforderung und wurde durch einen Zeitungsartikel auf die Notfallseelsorge aufmerksam. Kurzentschlossen rief sie Pastor Karl-Martin Harms an, der sich als Beauftragter um die Notfallseelsorge im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen kümmert. „Das Gespräch mit ihm war sehr motivierend und ermutigend“, erinnert sich Ira Wilkens. Im Anschluss an das Telefonat bewarb sie sich um den letzten freien Platz im Grundmodul und wurde angenommen.

Pastorin Bodil Reller aus der Kirchengemeinde St. Petri Burgwedel entschied sich nach der Rückkehr aus der Elternzeit für die Teilnahme am Grundmodul: „Auch für uns im Pfarramt ist das Überbringen einer Todesnachricht nicht Alltag“, sagt sie und ist dankbar für viel Input und Motivation, die sie aus der Ausbildung mitnehmen konnte.

Ihre Gefühle beim Gedanken an kommende Einsätze seien ambivalent, erzählen Sandra Heidrich und Ira Wilkens. Da ist einerseits der Wunsch, dass niemandem etwas zustoßen möge; andererseits das Bedürfnis, für sich selbst Klarheit zu gewinnen: Wie komme ich mit der Einsatzsituation zurecht? Beide sind froh darüber, dass ihnen Karl-Martin Harms jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung steht und haben sich auch gegenseitigen Zuspruch versprochen. „Ich finde es auch sehr erleichternd, dass ich keine Lösung anbieten muss“, sagt Sandra Heidrich. Der Auftrag für Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger ist immer zeitlich begrenzt und bezieht sich ausschließlich auf die akute Krisensituation – es geht darum, Betroffene bei den ersten Schritten zurück ins Leben zu unterstützen, ihnen bei der Orientierung zu helfen und sie in ihren Ressourcen zu stärken.

"Ich bin jetzt für Sie da"

„Guten Tag, ich bin Notfallseelsorgerin, ich bin jetzt für Sie da“ – so werden sich Heidrich und Wilkens zukünftig bei ihren Einsätzen vorstellen. Mit dabei sein wird auch ein Rucksack, den die Notfallseelsorgerinnen längst gepackt haben und der während ihrer Dienstzeiten immer griffbereit steht: Einsatzweste und Taschenlampe, ein kleiner Bronzeengel, Kerze und Feuerzeug, ein Stofftier, Papier und Buntstifte, eine Flasche Wasser und Trinkbecher, ein Handbuch mit Bibelworten und Gebeten und in Corona-Zeit auch eine Maske und Handschuhe können im Einsatz hilfreich sein. Und noch etwas haben die ehrenamtlich tätigen Seelsorgerinnen im Gepäck: ihren Glauben. „Durch ihn fühle ich mich für diese Aufgabe gestärkt“, sagt Sandra Heidrich schlicht.

Wer sich für eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Notfallseelsorge interessiert, findet auf der Seite der Notfallseelsorge (rechts) weitere Informationen.