„Leitung geschieht im Spannungsfeld von Sach- und Aufgabenorientierung auf der einen und Beziehungs- und Personenorientierung auf der anderen Seite.“ Mit diesem Satz führte Gert Stührmann, Vorsitzender der Konferenz des Pastoralpsychologischen Dienstes in der hannoverschen Landeskirche, jetzt in ein Fachgespräch im Zentrum für Seelsorge und Beratung (ZfSB) ein. Unter der Überschrift „Leiten und Streiten in der Kirche. Lust und Last, geliebt und gehasst“ diskutierten rund 25 kirchliche Mitarbeitende mit Leitungsaufgaben auf verschiedenen Ebenen die Faktoren, die für Leitungspersonen innerhalb der Institution Kirche eine besondere Herausforderung darstellen.
Als zentrales Moment stellte Stührmann die Ambivalenz zwischen Idealvorstellungen von Kirche und der Realität kirchlicher Arbeit heraus: Die Bilder von Geschwisterlichkeit und Gleichheit, vom Umgang auf Augenhöhe, auch von der (Heiligen) Familie stießen in der kirchlichen Arbeit vielfach auf eine ganz andersartige, begrenzte und konflikthafte Realität: „Um diese Widersprüche bei sich und anderen aushalten zu können, braucht es Ambivalenztoleranz.“
Das "Zwischen" als Herausforderung
Der Ort „Zwischen“ stelle eine besondere Herausforderung an das Leiten in der Institution Kirche dar, betont auch der aktuelle Jahresbericht des Pastoralpsychologischen Dienstes. Auch er steht unter dem Titel „Leiten und Streiten in der Kirche“. Kirchliche Arbeit geschehe zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen, zwischen Gottesreich und Arbeitsplatzsicherung, zwischen der Ordnung einer Organisation und der Freiheit eines Christenmenschen, zwischen Konkurrenzdenken und dem Idealbild vom einen Körper mit dem Haupt Christi. Um in diesem Zwischen erfolgreich zu leiten, brauche es viel Disziplin und große Rollenklarheit, betonte Stührmann im Fachgespräch – die Rolle der Leitung müsse klar abgegrenzt werden gegenüber der Rolle der oder des Seelsorgenden. In vielen Supervisionsgesprächen mit Pastor*innen werde fehlende Klarheit an dieser Stelle als Auslöser und auch Folge von Konflikten deutlich, stellte Uwe Hobuß vom Pastoralpsychologischen Dienst im Sprengel Hildesheim-Göttingen im Fachgespräch fest: „Die Rolle der Leitung ist häufig sehr konfliktbelastet; da erscheint die Seelsorge als ein Ausweg.“
Als weitere Faktoren für gelingende Leitung benennt der Bericht die immer wieder notwendige Verständigung auf die primäre Aufgabe im jeweils konkreten kirchlichen Handlungsfeld sowie das Gestalten von Führung und Gefolgschaft als Kooperation. „Es braucht die gegenseitige Anerkennung in diesen Rollen“, so Stührmann.