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Respekt und Wertschätzung

Nachricht 18. Mai 2015

Künftige Telefonseelsorger treffen sich zur Ausbildung im Lutherheim Springe

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Anonymität ist ein wichtiges Merkmal der Telefonseelsorge. Foto: Horst Voigtmann


18 Männer und Frauen unterschiedlichen Alters lassen sich derzeit innerhalb von 14 Monaten als Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger ausbilden. Vor einigen Wochen waren die telefonischen Krisenberater im Tagungshaus Lutherheim, um eine weitere Etappe ihrer Ausbildung zurückzulegen. Pastor Christian Voigtmann, Leiter der Telefonseelsorge in der hannoverschen Landeskirche, informierte die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber, welches Handwerkszeug für ihre zukünftige Tätigkeit wichtig ist.

Die Motivation der künftigen Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger, sich dieser Ausbildung zu unterziehen, ist unterschiedlich. Peter (alle Vornamen sind geändert) erzählt davon, dass er im Freundeskreis häufig um Rat gefragt wird und nun hofft, auch Menschen helfen zu können, die er nur am Telefon kennen lernen wird. „In unserer Zeit wird einfach zu wenig geredet“, meint er und ergänzt, dass er lernen möchte, den Menschen, die anrufen, vorurteilsfrei zu begegnen.

Lore hat einmal in einer Notsituation helfende Unterstützung durch die Telefonseelsorge im Internet erfahren und möchte solche Hilfe auch anderen Menschen zukommen lassen. „Wir müssen einiges lernen, bevor es losgeht mit der Arbeit am Telefon. Zum Beispiel das Zuhören. Es wäre zwar schön, für alles eine Lösung anbieten zu können, aber die Lösung muss im Gespräch mit dem Anrufer erarbeitet werden und es muss dann seine Lösung sein.“

Eine besondere Aufgabe wird Alexej übernehmen: Er kann russisch und wird mit weiteren Telefonseelsorgern speziell für Migranten aus Russland ansprechbar sein. Bisher gibt es ein solches Angebot für die rund zwei Millionen Menschen russischer Herkunft in unserem Land nur in Berlin. Das hannoversche Angebot ist im Aufbau begriffen; schon seit Herbst 2014 ist mittwochs zwischen 17 und 21 Uhr unter der Rufnummer 0511 - 12 35 88 97 das russischsprachige Sorgentelefon zu erreichen.

Christian Voigtmann, der neben seinem Theologiestudium auch eine Ausbildung zum Systemischen Therapeuten abgeschlossen hat, erzählt, welche Inhalte die Ausbildung für die Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger beinhaltet. So gehören Krisenintervention und eine Einführung in psychische Krankheiten zu den wichtigen Bausteinen der Arbeit. Die Mitarbeitenden sollen am Telefon keine Diagnosen stellen, aber einschätzen können, unter welchen persönlichen Umständen die Anrufer um Hilfe bitten. „Solches Hintergrundwissen zu haben ist wichtig, um mit den Anrufern wertschätzend und respektvoll umzugehen. Man muss einfach bestimmte Dinge einordnen können, um vielleicht auch einen Arztbesuch oder einen Gang zu einer Beratungsstelle vorschlagen zu können.“

Nachdem ein wesentlicher Teil der Ausbildung geschafft ist, werden die zukünftigen Telefonseelsorger das erste Mal einen Dienst am Telefon absolvieren. Regelmäßig wird dann über die Telefonate gesprochen und die Vorgehensweise in der Gesprächsführung des Telefonseelsorgers wird bedacht. Auch nach der Ausbildung werden solche Supervisionsgespräche im Kollegenkreis fortgeführt, damit die hohe Qualität der Arbeit erhalten bleibt.

Wer daran interessiert ist, eine Ausbildung für die Telefonseelsorge zu beginnen, kann sich auf der Internetseite der Telefonseelsorge Hannover informieren. Der Weg führt dann über ein Informationstreffen und zwei persönliche Gespräche, die darüber entscheiden, ob für die Interessentin oder den Interessenten eine solche Ausbildung zu empfehlen ist. Wer die Ausbildung, die von der Landeskirche finanziert wird, beginnt, muss sich für eine festgelegte Zeit verpflichten, Dienst am Telefon zu tun.

Mit einem möglichen Vorurteil möchte Christian Voigtmann ganz dringend aufräumen: Auch wenn er Leiter der evangelischen Telefonseelsorge ist, so ist die Frage der Religionszugehörigkeit der Anrufer dennoch kein Thema: „Natürlich darf man bei uns auch anrufen, wenn man Buddhist oder Moslem ist, katholisch sowieso oder auch Atheist. Wir sind offen, über die Nöte der Menschen zu reden. Wenn der Glaube im Augenblick zu ihren Nöten gehört, kann auch das ein Thema sein. Und wenn ein Anrufer möchte, dass wir am Ende des Telefonats ein Gebet miteinander sprechen, ist auch das möglich, aber niemals Bedingung von unserer Seite.“