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Foto: Zentrum für Seelsorge

"Systemik sieht die Menschen in ihrem Kontext"

Nachricht 09. Januar 2017

Mit der systemischen Seelsorgeausbildung betritt das ZfS Neuland

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Die Arbeit mit dem Genogramm nimmt die Beziehungen in der Herkunftsfamilie in den Blick. Foto: Andrea Hesse


„‚Systemisch‘  ist keine Theorie und keine Methode – es ist ein Paradigma, eine Sichtweise, eine Art, Menschen zu sehen“, sagt Pastorin Petra Eickhoff-Brummer vom Zentrum für Seelsorge (ZfS) in Hannover. „Es geht darum, Menschen in ihrem Kontext zu sehen, immer in Beziehungen und mit allen Wechselwirkungen zwischen ihnen und den sie umgebenden Menschen und Strukturen.“

Petra Eickhoff-Brummer verantwortet im Zentrum für Seelsorge das Arbeitsfeld Systemische Seelsorge. Seit Ende Oktober 2016 bietet sie einen Grundkurs Systemische Seelsorge an und freut sich über die große Resonanz: „Wir hatten zunächst 40 Anmeldungen für diesen Kurs und arbeiten jetzt mit 16 Teilnehmerinnen und Teilnehmern“, erzählt sie. Eine systemische Seelsorgeausbildung gab es in der hannoverschen Landeskirche bislang nicht; das ZfS hat damit Neuland betreten.

Der Grundkurs vermittelt an 30 Kurstagen in neun Modulen, verteilt über 13 Monate, die Grundzüge systemischen Denkens und Handelns und sucht sie für die seelsorgliche Praxis in Gemeinde und Spezialseelsorge nutzbar zu machen. Der Kurs, der in den Räumen des ZfS in Hannover-Kleefeld stattfindet, verbindet Theorieelemente, Selbsterfahrung und das Erlernen systemischer Interventionsmethoden. Die Praxis systemisch orientierter Gesprächsführung wird vermittelt und intensiv geübt.  „Die Teilnehmenden lernen, Menschen in ihren Lebenszusammenhängen ressourcenorientiert zu begleiten und sich selbst im Kontext des eigenen Berufsfeldes zu verstehen“, erklärt Petra Eickhoff-Brummer.  „Ziel des Kurses ist es, einen eigenen Stil systemisch fundierter Seelsorge zu entwickeln und im eigenen Berufsfeld umzusetzen.“

Wertschätzend Unterschiede benennen


Perspektivenvielfalt, ein Kennzeichen systemischen Arbeitens, bildet sich bereits unter den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern ab: Eine bunte Mischung junger und älterer Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakone versammelt sich während der Kursblöcke im ZfS. Sie haben Stellen oder Stellenanteile in ganz unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen der Landeskirche: in Schulen oder in der Jugendarbeit, in der Krankenhausseelsorge, im Gemeindepfarramt, in der Altenarbeit. Übereinkunft besteht darin, sich auf Augenhöhe zu begegnen, einander mit jeweils ganz unterschiedlichen Sichtweisen wahrzunehmen, wertschätzend Unterschiede zu erfahren und zu benennen. „Das ist eine Kultur des Umgangs, die weiterbringt und dabei wohl tut – aber auch herausfordert“, beschreibt Pastorin Christiane Plöhn, ebenfalls vom ZfS und Co-Leiterin des Grundkurses, die Arbeitsatmosphäre während der Kurstage. Zwischen den Kursblöcken kommen die Teilnehmenden in Peergroups zusammen, dabei werden Methoden der kollegialen Beratung intensiv eingeübt. Auch Selbsterfahrung gehört dazu, etwa die Arbeit mit dem sogenannten Genogramm.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer betreten mit dem systemischen Arbeiten Neuland: Sowohl die Theorie wie auch die Praxis im Rahmen des Kurses fühlen sich für sie noch fremd und ungewohnt an. Das Erlernen systemischer Interventionsmöglichkeiten, beispielsweise der systemischen Fragetechniken, ist anstrengend und manchmal mühsam, viele fühlen sich erst einmal unbeholfen. Dennoch: Obwohl die Kurstage als sehr anstrengend erlebt werden, macht das gemeinsame Arbeiten Freude. Kontinuierlich nähern sich alle dem an, was Petra Eickhoff-Brummer den „Doppelblick der Systemiker“ nennt: Was machen die Dinge aus einem Menschen und was macht er sich aus den Dingen? Und welche Möglichkeiten und Freiräume gibt es dann zur Gestaltung?
 

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Foto: Andrea Hesse