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Foto: Andrea Hesse

Mit Augen, Ohren und Fingern

Nachricht 25. Januar 2017

Die neue Lutherbibel gibt es auch in Punktschrift

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Blindenseelsorger Andreas Chrzanowski arbeitet mit der Punktschrift-Ausgabe des Matthäus-Evangeliums. Foto: Andrea Hesse


Pastor Andreas Chrzanowski, Blindenseelsorger der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, durfte in den zurückliegenden Monaten an einer Premiere mitwirken: Er war und ist daran beteiligt, die neue Lutherbibel in Blindenschrift, die sogenannte Braille-Schrift, zu übertragen. „Zum ersten Mal lag damit eine Ausgabe der Bibel bereits bei ihrem Start inklusiv vor“, sagt Chrzanowski, der selbst vor mehr als 20 Jahren erblindete.

Zum Auftakt des Jubiläumsjahres „500 Jahre Reformation“ wurde die neue Lutherbibel nach der mehrjährigen Revision am 31. Oktober 2016 in vielen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden eingeführt. „Luther für alle“ lautete begleitend der Titel einer Veranstaltung auf der Frankfurter Buchmesse, bei der die neue Ausgabe erstmals einem breiten Publikum vorgestellt wurde. „Und dieser Titel war keine Übertreibung“, erklärt Andreas Chrzanowski. „Beim Verkaufsstart und der Einführung in den Gemeinden lag die neue Bibel gleich in verschiedenen Formaten vor, so dass auch Menschen, die die gedruckte Ausgabe nicht lesen können, ohne fremde Hilfe Zugang zur Frohen Botschaft finden.“ Die Lutherbibel ist nicht nur in verschiedenen Printausgaben sowie als App und E-Book verfügbar, sondern es gibt sie auch in einer Hörversion. Mit dem Matthäus-Evangelium liegt darüber hinaus der erste Band in fühlbarer Punktschrift für blinde Menschen vor.

Zwei Meter Platz im Regal


„Bei der Umsetzung in Blindenschrift standen wir vor einigen Herausforderungen“, erzählt der Blindenseelsorger aus dem Zentrum für Seelsorge, der die Punktschriftausgabe mit vorbereitet hat. „Angefangen mit der Frage, wo die Versangaben der biblischen Bücher, die in der Schwarzschriftausgabe mitten im Text stehen, auf einer Seite abgedruckt werden sollen.“ Für Blinde, die mit den Fingern lesen, seien die Angaben im Text ein sehr umständlicher Weg, sich zu orientieren. Aber auch andere Fragen waren zu lösen: Wichtige Texte werden in der neuen Bibel im Fettdruck dargestellt – wie aber setzt man das in Punktschrift um, die keinen Fettdruck kennt? „Dafür fanden wir ein Punktschrift-Sonderzeichen, das nun solche Stellen markiert“, erklärt Andreas Chrzanowski.
Beim Druck der letzten Punktschrift-Bibel im Jahr 1984 war vieles noch Handarbeit. Zunächst mussten Metallplatten gestanzt, anschließend jede Seite einzeln ausgedruckt werden. Heute geschieht die Umsetzung rein digital. Spezialprogramme übertragen die speziell vorbereiteten Texte in Blindenschrift und geben sie an einen Punktschriftdrucker weiter. „Eines aber bleibt gleich“, sagt Pastor Chrzanowski: „Für eine Punktschrift-Bibel sollte man zwei Meter Platz im Regal haben, denn so viel Raum wird die Gesamtausgabe der neuen Bibel benötigen.“

Parallel zur Punktschrift-Bibel wird in diesem Jahr eine Hör-Bibel für Sehbehinderte erscheinen, bei der man die einzelnen Bibelverse direkt ansteuern kann. Grundlage für diese Version ist die von Rufus Beck gelesene Hörfassung der Lutherbibel.

„Und nun hoffen wir, dass möglichst viele Menschen in der Bibel lesen werden – mit den Augen, mit den Ohren und mit den Fingern“, wünscht sich Andreas Chrzanowski im Namen aller, die die Revision der Lutherbibel erarbeitet und die neue Ausgabe in den verschiedenen Formen erstellt haben.

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Foto: Andrea Hesse

Punktschrift-Bibel und Hör-Bibel

Sowohl die neue Punktschrift-Bibel als auch die Hör-Bibel können beim Dachverband evangelischer Blinden- und Sehbehinderten-Seelsorge (DeBeSS) in Kassel per Mail unter buero@debess.de oder Telefon 0561 - 72 98 71 61 bestellt werden.