„Sie sind diejenigen, die möglichst wenig in Erscheinung treten, gleichzeitig aber unverzichtbar sind“ – mit diesen Worten eröffnete Arend de Vries, Geistlicher Vizepräsident des Landeskirchenamtes Hannover, am Donnerstag den 18. Bundeskongress Notfallseelsorge und Krisenintervention, der sich dem Thema Resilienz widmet. De Vries erinnerte an die immer wieder aufflammende innerkirchliche Diskussion, ob Notfallseelsorge Teil der „normalen“ pfarramtlichen Arbeit oder ein Fall für die Spezialisten sei – an dieser Frage solle sich jedoch niemand aufreiben.
„Notfallseelsorge ist Seelsorge par excellence“, so de Vries. „Wir brauchen die Grundausbildung für alle und wir brauchen auch die Spezialisierung.“ Allen Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern im großen Saal des Congress Centrums Hannover sprach er für ihren Dienst den Dank der Landeskirche aus – und eine Ermahnung: „Es ist wichtig, nicht nur die Standards für Ihre Arbeit im Blick zu behalten sondern auch die Seelsorgerinnen und Seelsorger selbst.“
Krönchen richten, weitergeh'n
„Hinfallen, aufsteh’n, Krönchen richten, weitergeh’n“: An diesem bekannten, eher schlichten und doch treffenden Spruch machte Weihbischof Heinz-Günter Bongartz, Generalvikar im Bistum Hildesheim, fest, was Resilienz bedeutet – und dass diese Fähigkeit oftmals Helferinnen und Helfer braucht, um wirksam werden zu können. „Menschen in emotionalen Ausnahmesituationen brauchen kompetente Menschen an ihrer Seite und Sie als Seelsorgerinnen und Seelsorger wissen, dass das Leid Solidarität braucht.“
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, Schirmherr des Kongresses, stellte die Bedeutung der Notfallseelsorge für die Einsatzkräfte nach schweren Unglücksfällen heraus: „Notfalleinsätze sind tiefe Einschnitte, die den Beteiligten manchmal die Lebenskraft rauben. Sie bieten dann nicht nur Halt an sondern auch Haltung.“ Pistorius betonte die Bedeutung der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) innerhalb des Versorgungskonzeptes des Landes Niedersachsen und würdigte die kirchlichen Bemühungen, möglichst viele Seelsorgerinnen und Seelsorger für diesen Dienst auszubilden: „Die Kirchen sind der wichtigste Akteur auf diesem Feld.“
Verhinderung posttraumatischer Langzeitfolgen
Im anschließenden ersten Fachvortrag des Kongresses widmete sich Lutz Besser, Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen, unter der Überschrift „Vom Überleben zurück zum Leben“ der Entstehung und den Folgen des Akuttraumas. Die Notfallseelsorge, so der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, sei auch ein wirksames präventives Instrument: „Sie trägt dazu bei, dass in der Folge eines Akuttraumas keine posttraumatischen Langzeitfolgen auftreten.“ Die sei nicht nur aus der sozialen Perspektive von großer Bedeutung sondern verhindere auch hohe Folgekosten für die Volkswirtschaft.
Joachim Wittchen, landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge und einer der Hauptorganisatoren des Kongresses, rückte die eigene Haltung als Richtschnur der Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger in den Fokus: „Es ist nicht die Haltung ‚ich weiß, was für dich gut ist‘, sondern das Bemühen, zu erspüren, was mein Gegenüber gerade braucht.“