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Foto: Andrea Hesse

Was ist passiert, bevor ich ankomme?

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Realitätsnahes Szenario: In einem Workshop lernen Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger, was vor ihrem Eintreffen am Unfallort passiert ist. Foto: Andrea Hesse

Realitätsnahe Übung beeindruckt Seelsorgende

„Was ist schon passiert, bevor ich ankomme?“ Unter dieser Überschrift stand ein Workshop des Bundeskongresses Notfallseelsorge und Krisenintervention, den Matthias Gottschlich, Klinik- und Notfallseelsorger der katholischen Kirche, in Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr Hannover und der Berufsfachschule für Notfallsanitäter in Hannover-Stöcken anbot.

Etwa 70.000 Einsätze fahre die hannoversche Feuerwehr jährlich, informierte Dieter Rohrberg, stellvertretender Leiter der Berufsfeuerwehr Hannover, die Workshop-Teilnehmenden. 90 Prozent dieser Einsätze seien Rettungsdiensteinsätze: „Das ist die Tagesroutine.“ Seit Februar 1999 gibt es die Zusammenarbeit der Feuerwehr mit der Notfallseelsorge der evangelischen und katholischen Kirche; Matthias Gottschlich und Dieter Rohrberg waren und sind maßgeblich an dieser Kooperation beteiligt. „Notfallseelsorge ist ein integraler Bestandteil der Gefahrenabwehr“, betonte Rohrberg. Die Zusammenarbeit sei vertrauensvoll und herzlich – ein wechselseitiges Geben und Nehmen.

Um den Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern zu vermitteln, was vor ihrer Ankunft an einem Unfallort bereits geschehen ist, hatte Karsten Fröhlich, Lehrer an der Berufsfachschule, mit einem Team aus Notärzten, Rettungssanitätern und Feuerwehrleuten einen Verkehrsunfall und den Rettungseinsatz sehr realitätsnah nachgestellt. „Achten Sie darauf, wann welche Personen mit welchem Auftrag auftauchen“, gab Fröhlich den Workshop-Teilnehmenden mit – dann tauchten sie auch schon ein ins Geschehen.

Quälende acht Minuten
 

Quälend langsam schleppten sich die ersten acht Minuten nach dem von einem Passanten abgesetzten Notruf hin, bis die ersten Rettungskräfte am Unfallort eintrafen – eine realistische Zeit für einen Unfall im hannoverschen Stadtgebiet. Die Besatzungen aus fünf Rettungswagen, ein Trupp der Feuerwehr und drei Notärzte kümmerten sich um die Bergung und Versorgung der fünf Verletzten; insgesamt 26 Einsatzkräfte waren schließlich am Unfallort.

„Die ersten acht Minuten waren für mich die am stärksten belastenden“, stelle eine Teilnehmerin in der anschließenden Auswertung fest. Das Schreien und Weinen der verletzten PKW-Insassen zu hören ohne selbst helfen zu können, zerrte an den Nerven; nachdem die Einsatzkräfte dann vor Ort waren, gab ihr gut abgestimmtes, ruhiges Handeln Sicherheit.

„Bei einem Einsatz mit mehreren Verletzten, um die wir uns nicht gleichzeitig kümmern können, müssen wir abwägen, wer von ihnen eine Chance hat“, erklärte Karsten Fröhlich auf die Frage, warum die Bemühungen um die überrollte Radfahrerin schließlich aufgegeben wurden. Sie habe ein Überrolltrauma des Beckens erlitten; die Wahrscheinlichkeit des Überlebens liege in einem solchen Fall bei 0,1 Prozent. Dass diese winzige Hoffnung sich nicht erfüllte, signalisierte schließlich das blaue Tuch, mit dem die junge Frau abgedeckt wurde.

Wie sehr die Notfallseelsorge gebraucht wird, wurde allen Beobachtern des Szenarios einmal mehr klar: von Opfern und Angehörigen, von Retterinnen und Rettern, die das Sterben mit ansehen müssen ohne helfen zu können.

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