Akzeptanz spielt eine große Rolle

Nachricht 28. Februar 2019

Fachtag für Ehrenamtliche zum Thema Würde im Alter

Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr (von links), Helene Eißen-Daub, Anita Christians-Albrecht und Alwin Pfanne gestalteten den Fachtag „Würde im Alter“. Foto: Hannegreth Grundmann

Als Vorsitzender der Ostfriesischen Bibelgesellschaft eröffnete Dr. Detlef Klahr, Landessuperintendent im Sprengel Ostfriesland-Ems, jetzt in der Lutherkirche in Leer einen Fachtag für Ehrenamtliche im Besuchsdienst und in der Altenarbeit. Gemeinsam mit der Altenseelsorge im Zentrum für Seelsorge und der Besuchsdienstarbeit im Haus kirchlicher Dienste hatte die Ostfriesische Bibelgesellschaft zu diesem Fortbildungstag für Ehrenamtliche eingeladen.

„Wir sind nicht nur eine einladende Kirche, die andere zum Gottesdienst und zu Veranstaltungen einlädt, wir sind auch eine hingehende Kirche. Die Besuche sind eine Wertschätzung der Menschen“, betonte Regionalbischof Klahr und dankte den teilnehmenden 65 Ehrenamtlichen für ihr Engagement im Besuchsdienst. „Besuche gehören zum christlichen Leben in jeder Kirchengemeinde“, sagte Alwin Pfanne, Geschäftsführer der Ostfriesischen Bibelgesellschaft.

Botschafter der Würde des Menschen

Den Hauptvortrag zum Thema „Würde im Alter“ hielt Anita Christians-Albrecht vom Zentrum für Seelsorge. „Im Besuchsdienst sind Sie als Botschafterin oder Botschafter der Würde des Menschen unterwegs“, sagte die landeskirchliche Beauftragte für Altenseelsorge und tauschte sich mit den Teilnehmenden darüber aus, was zur Würde des Menschen gehöre.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – so lautet der erste Artikel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, mit dem 1948 die Grundlage für eine demokratische Verfassung gelegt wurde. Entscheidend für den christlichen Glauben sei allerdings, dass Gott jedem Menschen seine Würde verleihe – vor aller menschlichen Anerkennung und unabhängig von allen äußeren Bedingungen, so Christians-Albrecht. Das sei auch im Umgang mit alten Menschen zu beachten.

"Sie werden immer mehr"

Deutschland habe die älteste Bevölkerung in Europa und die zweitälteste der Welt, erklärte die landeskirchliche Beauftragte für Altenseelsorge. Durch den demografischen Wandel verschiebe sich das Verhältnis der Generationen – das sei eine große Chance, bringe aber langfristig auch gravierende Veränderungen in der Gesellschaft mit sich: „So wird sich aufgrund der Altersstruktur die Zahl der Demenzerkrankten in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln und die Organisation der Pflege in den Familien und Seniorenheimen immer schwieriger werden.“ Christians-Albrecht machte in diesem Zusammenhang auch auf das politische Potential dieser immer größer werdenden Bevölkerungsgruppe aufmerksam: „Alte Menschen könnten die Politik bestimmen und viel mehr Einfluss auf die Bedingungen des Altwerdens in Deutschland nehmen. Sie werden immer mehr!“

Da sich nach christlichem Verständnis niemand seine Würde verdienen müsse, sondern sie immer schon habe, könne man akzeptieren, was das Alter mit sich bringe und müsse es mit dem „Anti-Aging“ nicht übertreiben, so Christians-Albrecht. Akzeptanz spiele beispielsweise auch im Umgang mit Demenz eine große Rolle. Die Methode der integrativen Validation lege nicht nur einen wertschätzenden Umgang nahe, sondern rate auch, die Welt, in der sich die Erkrankten befinden, „für gültig zu erklären“ (valere) und nicht ständig zu versuchen, sie wieder in die „Realität“ herein zu holen. „Der Umgang mit Demenz dürfte im Hinblick auf das Thema Würde zu einem Prüfstein für unsere Gesellschaft und unsere Kirche werden“, betonte Christians-Albrecht.

Würde ist ein Beziehungsbegriff

„Würde“ sei ein Beziehungsbegriff – satt und sauber zu sein, reiche nicht aus. „Würde erfahre ich durch mein Gegenüber, das mich wahrnimmt und sein lässt, wie ich bin“, so die Referentin. Wichtig sei es darüber hinaus, auf (ungewollte) Diskriminierungen alter Menschen zu achten und ihnen in Gesellschaft und Kirche entgegenzuwirken. Schließlich habe auch eine rechtzeitige Selbstbestimmung etwas mit Würde und Würdigung der eigenen Person zu tun. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung könnten dies unterstützen.

Die Beauftragte für den Besuchsdienst, Pastorin Helene Eißen-Daub aus dem Haus kirchlicher Dienste in Hannover, stellte die Angebote der Landeskirche Hannovers vor, mit denen lokale Besuchsdienste begleitet werden. 1.000 Besuchsdienstgruppen mit etwa 10.000 Ehrenamtliche gebe es in der Landeskirche, berichtete sie. Und: „Die Einsamkeit nimmt zu in unserer Gesellschaft.“ Innerhalb der ersten drei Wochen dieses Jahres habe es mit neun Anfragen zum Aufbau neuer Besuchsdienste so viel Interesse wie noch nie gegeben.

Text: Hannegreth Grundmann