Pastor Theodor Adam, landeskirchlicher Beauftragter für Queer-sensible Seelsorge und Beratung, hat sich bestürzt über die Angriffe auf transgeschlechtliche Menschen in Münster und Bremen geäußert. „Je deutlicher und selbstbewusster sich queeres Leben in unserer Gesellschaft zeigt, desto mehr wird es von einigen offenbar als Provokation erlebt. So sehr, dass rohe oder gar tödliche Gewalt die Antwort ist“, sagte Adam jetzt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
In Bremen hatten Jugendliche am vergangenen Wochenende eine Transfrau in einer Straßenbahn mit Schlägen ins Gesicht schwer verletzt. Kurz zuvor war der 25-jährige Transmann Malte C. an seinen Verletzungen gestorben, nachdem er am Rande des Christopher Street Day in Münster von einem 20-Jährigen angegriffen worden war.
Transgeschlechtlichkeit sei noch immer ein heißes Eisen, weil sie bestimmte Vorstellungen einer naturgegebenen Ordnung infrage stelle, sagt Adam. „Es mag Menschen geben, bei denen die Vorstellung, dass das Geschlecht nicht nur äußeren Merkmalen, sondern auch einer inneren Notwendigkeit folgen kann, tiefe Verunsicherung und sogar Hass schürt.“ Die grundsätzliche Infragestellung binärer Geschlechtlichkeit, die durch Transgeschlechtlichkeit aufgeworfen werde, sei eine „weitaus größere Anfrage an gesellschaftliche Toleranz“ als etwa die Homosexualität. „Dass Männer Männer lieben oder Frauen Frauen, ist in der breiten Bevölkerung inzwischen weitgehend akzeptiert. Das Thema Transsexualität hingegen ist in weiten Kreisen noch immer mit Befremden und Berührungsängsten behaftet.“
Der Pastor am Zentrum für Seelsorge und Beratung bezeichnet den Hass auf queere Menschen als das, was er tatsächlich ist: zutiefst unchristlich. „Wer menschliche Vielfalt ablehnt, womöglich sogar Gewalt gegen sie übt, stellt damit auch Aspekte Gottes infrage, der eben diese Vielfalt geschaffen hat“, betont Adam.
Ein Zustand, in dem queere Menschen dauerhaft und in allen gesellschaftlichen Sphären ohne Angst vor Diskriminierung oder Übergriffen leben können, sei unbedingt erstrebenswert, wahrscheinlich aber nicht realistisch, stellt der Theologe fest. „Themen wie Sexualität und geschlechtliche Identität lassen sich nicht für alle Zeiten aushandeln. Es wird immer notwendig bleiben, dass gesellschaftliche Minderheiten selbstbewusst für ihre Rechte eintreten“, betont er. Deshalb sei es erforderlich, dass gerade die Kirchen für menschliche Vielfalt und Toleranz offensiv Flagge zeigten. Quelle: epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen