Pastoralpsych. Berater schmal

"Wir brauchen Sie dringend"

Nachricht 06. Januar 2018

Vier Landeskirchen verantworten pastoralpsychologische Ausbildung

Pastoralpsych. Berater Zertifikat
Susanne Kruse-Joost (links) überreichte die Zertifikate an die Absolventinnen und Absolventen der hannvoerschen Landeskirche.

„Das ist beispielhaft und zukunftsweisend – auch für andere Arbeitsfelder“, hob Andreas Wackernagel in seiner Ansprache zur Zertifikatsübergabe hervor. Der Leiter der Institutionsberatung der Nordkirche bezog sich damit auf die enge Zusammenarbeit seiner Kirche mit den evangelischen Landeskirchen in Hannover, Braunschweig und Kurhessen-Waldeck. Gemeinsam verantworten deren pastoralpsychologische Dienste erstmals die modulare Weiterbildung „Pastoralpsychologische*r Berater*in“, deren Absolventinnen und Absolventen Anfang Dezember im Zentrum für Seelsorge in Hannover ihre Zertifikate entgegennahmen. Damit endete eine dreijährige Weiterbildung mit zehn Kurswochen, einer mehrjährigen Lehranalyse, einem Gaststudium an psychoanalytischen Instituten, einem zweijährigen Praktikum an einer Lebensberatungsstelle mit Supervision und umfangreichem Literaturstudium.

Lothar Mischke, Vorsitzender der Fort- und Weiterbildungskommission der Sektion Tiefenpsychologie in der DGfP (Deutsche Gesellschaft für Pastoralpsychologie), erläuterte, dass eine gemeinsame Steuerungsgruppe aus den vier Landeskirchen die Weiterbildung fachlich begleitet und die Einhaltung von Qualitätsstandards gewährleistet habe. „Unterschiedliche Kulturen mussten dabei zusammengeführt werden, was wirklich nicht immer einfach war“, so Mischke. Sein Dank galt insbesondere den Kursleitenden Gert Stührmann vom Zentrum für Seelsorge in Hannover und Anne Reichmann aus der Institutionsberatung der Nordkirche.

Beraterinnen und Berater werden gebraucht

„Wir brauchen Sie dringend!“, betonte Andras Wackernagel gegenüber den erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen. Pastoralpsychologische Beraterinnen und Berater würden in ihren jeweiligen Arbeitskontexten aber auch auf der Ebene der Kirchenkreise und in landeskirchlichen Beratungsprozessen gebraucht. Zur Erläuterung zitierte Wackernagel aus den Zertifikaten, die im Zentrum für Seelsorge überreicht wurden: „Sie sind nun berechtigt zur psychoanalytisch orientierten Seelsorge und Beratung, zur Leitung von psychoanalytisch orientierten Fallbesprechungsgruppen, den sogenannten Balint-Gruppen, und zur themenzentrierten pastoralpsychologischen Fortbildungstätigkeit.“

Auch Oberlandeskirchenrätin Brigitte Müller aus Braunschweig hob hervor, dass die Absolventinnen und Absolventen in ihrer Landeskirche dringend gebraucht würden; für sie seien bereits konkrete Arbeitsfelder vorgesehen. Unumstritten sei die Weiterbildung in ihren Anfängen auch in Braunschweig nicht gewesen: „Aber wir standen schließlich dazu, wir stehen heute dazu und werden es auch in Zukunft tun. Das kann ich hier schon zusichern“, so Brigitte Müller. Großen Respekt habe sie davor, wieviel Zeit und Kraft die Teilnehmenden in die umfangreiche Weiterbildung investiert hätten, ohne die Kirchengemeinden, für die sie verantwortlich sind, zu vernachlässigen.

Beheimatung, Freiraum und Schutzraum

Oberkirchenrätin Susanne Kruse-Joost, Leiterin des Referats Sonderseelsorge in Hannover, wies auf die kostbaren Erfahrungen hin, die Angehörige einer pastoralpsychologischen Ausbildungsgruppe machen könnten. „Diese Gruppen bieten Beheimatung, Freiraum und Schutzraum“, so Susanne Kruse-Joost. Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus seien pastoralpsychologische Beraterinnen und Berater besonders geeignet, kompetent mit Gruppen zu arbeiten. „Es braucht in der Kirche Gruppen zum Austausch und zur Reflektion“, betonte Kruse-Joost und verwies in diesem Zusammenhang auf den Jahresbericht 2015/16 des Pastoralpsychologischen Dienstes im Zentrum für Seelsorge, in dem die Bedeutung von Gruppen für die kirchliche Arbeit festgestellt wird.

Unmittelbar vor der Übergabe der Zertifikate hatten die Absolventinnen und Absolventen in einem ganztägigen Kolloquium vor einer Prüfungskommission aus Psychoanalytikerinnen und Pastoralpsychologen ihre wissenschaftliche Hausarbeit zu einem pastoralpsychologischen Thema verteidigt. Die Bandbreite reichte von Fällen aus der Beratungsarbeit bis hin zu Gemeindeentwicklungsprozessen, die pastoralpsychologisch reflektiert und gedeutet wurden. „Sie können stolz sein auf das, was sie gleistet haben“, betonte Uwe Hobuß, Moderator des Festaktes im Zentrum für Seelsorge.