Kontinuität bei Gesprächszahlen und wachsender Bedarf

Nachricht 04. August 2023

TelefonSeelsorge Deutschland veröffentlicht Jahresstatistik 2022

Foto: Thomas auf Pixabay

Ende Juni veröffentlichte die TelefonSeelsorge Deutschland die statistische Auswertung des Jahres 2022 auf ihrer Website. Die Daten verdeutlichen, dass die TelefonSeelsorge eine kontinuierlich hohe Zahl von Seelsorge- und Beratungskontakten über alle Kommunikationswege anbietet. Dabei wird die Nummer der TelefonSeelsorge immer häufiger gewählt; darunter leidet zeitweise die Erreichbarkeit der Mitarbeitenden.

„Zu bestimmten Zeiten braucht es mehrere Versuche, bis Ratsuchende eine freie Leitung finden. Das bekommen wir im Feedback zurückgemeldet“, stellt Helmut Ellensohn, seit Frühjahr 2023 Vorsitzender des Dachverbandes TelefonSeelsorge Deutschland e.V. von katholischer Seite, fest. „Die hohe Frequenz an Gesprächen zeigt eindrucksvoll, wie groß der gesellschaftliche Bedarf an niedrigschwelligen Angeboten bei Krisen und in schwierigen Lebenssituationen ist. Gleichzeitig wissen wir, dass wir unser Angebot nicht im gleichen Tempo erweitern können. Das macht uns natürlich Sorgen.“

Im Jahr 2022 führten Mitarbeitende der TelefonSeelsorge 1.010.214 Seelsorge- und Beratungsgespräche; es gab 41.556 Mailwechsel und 31.997 Chats. Die Steigerung der Mail- und Chat-Kontakte ab 2020, also mit dem Beginn der Corona-Pandemie, verstetigte sich. Gegenüber der Vor-Pandemie-Zeit liegt sie bei den Mail-Kontakten bei einem Plus von rund 25 Prozent, beim Chat bei etwa 66 Prozent Zuwachs. Da die Nachfrage nach telefonischer Beratung bereits vor der Pandemie höher war als das Angebot an freien Leitungen, ergeben die Zahlen hier keine signifikanten Veränderungen.

Noch bessere Erreichbarkeit ist das Ziel

„Wir arbeiten daran, besser erreichbar zu sein. Im Grunde müssten wir dafür unser Angebot ausweiten. Das braucht Ressourcen, Zeit und Kapazitäten – diese sind bisher kirchlich wie gesellschaftlich nicht eingeplant“, erläutert Lydia Seifert, Geschäftsführerin der TelefonSeelsorge Deutschland. „Die TelefonSeelsorge wird finanziell größtenteils von den beiden großen christlichen Konfessionen und deren Wohlfahrtsverbänden getragen. Auch dort werden die Auswirkungen der gesamtgesellschaftlichen Krisen und die damit verbundenen gestiegenen Kosten spürbar. Zudem befinden wir uns mitten in einer digitalen Transformation. Das sind große Herausforderungen, die unsere Überlegungen in der Arbeit der TelefonSeelsorge beeinflussen.“

Einsamkeit, Depressionen und Suizidalität

Auch thematisch verzeichnet die Statistik ein hohes Maß an Kontinuität. Das Thema Einsamkeit bleibt am Telefon Spitzenreiter bei den Nennungen. Seit der Corona-Pandemie wird das Leiden daran in jedem vierten Gespräch thematisiert. Häufig nennen Ratsuchende nach wie vor auch Depressionen und Ängste – sie sind per Mail und im Chat die meistgenannten Themen. Suizidalität wurde in rund 90.000 Anrufen benannt, das sind etwa acht Prozent der Telefonate. Die prozentualen Werte bei Mail und Chat liegen deutlich höher: Per Mail wird das Thema in fast 40 Prozent der Kontakte genannt, das sind mehr als 16.000 Mailwechsel. Im Chat sind es mehr als 27 Prozent und damit mehr als 8.600 Chats.

Der Blick auf die Geschlechterverteilung zeigt ebenfalls Konstanz: Der Anteil von Frauen (rund zwei Drittel), Männern (knapp ein Drittel) und diversen Menschen (unter einem Prozent) unterscheidet sich kaum von den Vorjahreserhebungen und ist auch bei den verschiedenen Kontaktmöglichkeiten weitgehend gleich.

"Ich teste sie erneut"

Zur Frage der Erreichbarkeit der TelefonSeelsorge hatte der YouTuber MAESTRO, dessen Kanal etwa 233.000 Abonnent*innen hat, vor rund sieben Monaten ein Video veröffentlicht, in dem er beklagt, dass er trotz etwa 70 Anrufversuchen die TelefonSeelsorge nicht erreichen konnte. Der Bundesvorstand beschloss daraufhin, mit MAESTRO in Kontakt zu treten und bekam eine positive Antwort: Es entstand ein zweites Video unter dem Titel „Ich teste sie erneut“, in dem MAESTRO ein Gespräch mit Lydia Seifert, Geschäftsführerin der TelefonSeelsorge Deutschland, und einem ehrenamtlich Mitarbeitenden aus Stuttgart führte. Das Video wurde mittlerweile fast 23.000 Mal aufgerufen und vielfach kommentiert.