Im kommenden Jahr feiert die TelefonSeelsorge in Deutschland ihr 60-jähriges Bestehen. Zum Auftakt waren jetzt Leitungskräfte der Kirche zu einem Aktionstag unter dem Motto „Leitung an die Leitung“ eingeladen. Evangelische wie katholische Bischöfe waren ebenso wie Präsides und andere Kirchenleitungen zu Gast in einer der 105 TelefonSeelsorge-Stellen im Bundesgebiet, um sich von der Arbeit der beinahe 8.000 Ehrenamtlichen in diesen Stellen ein Bild zu machen.
Im Zentrum des Gesprächs in der hannoverschen Zentrale stand die ganz konkrete Alltagswirklichkeit der Gespräche am Telefon. Dabei ging es sowohl um die hohe Anzahl der Telefonate als auch um die Anliegen der Anrufenden. Themen wie tiefe Vereinsamung, Trauer um verloren gegangene Angehörige, aber auch Trauer, Ärger oder Wut über ein verpfuschtes Leben begegnen die Ehrenamtlichen nahezu in jeder Telefonschicht, die sie absolvieren.
Christian Voigtmann, Leiter der TelefonSeelsorge Hannover, zeigte sich erfreut über den Besuch von Landesbischof Ralf Meister und dessen Bereitschaft, sich an das Seelsorgetelefon zu setzen. „Es ist wichtig, dass die Kirchenleitung über die Arbeit der TelefonSeelsorge gut informiert ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass ausreichend Finanzen bereitgestellt werden, damit diese Arbeit auch in Zukunft wahrgenommen werden kann“, sagt Christian Voigtmann. Außerdem werde auf dieser Weise der Arbeit der Ehrenamtlichen Wertschätzung entgegengebracht.
Im Gespräch des Landesbischofs mit einer Gruppe ehrenamtlicher TelefonSeelsorgerinnen und TelefonSeelsorger war deren eindeutiges Votum, dass ihnen bei der Arbeit immer wieder klar werde, wie sinnvoll ihr persönlicher Einsatz am Telefon ist. „Dass, was wir an Zeit und Geduld einsetzen, bekommen wir vielfach zurück, wenn nach einem Gespräch der Gesprächspartner ‚Danke‘ sagt“, fasste es eine Mitarbeiterin zusammen.
Hanns Lilje, früherer hannoverscher Landesbischof, brachte die Idee zur Gründung der TelefonSeelsorge von einer Englandreise mit. In Berlin wurde 1956 das erste Seelsorge-Telefon geschaltet, 1957 folgte Kassel. Bei den norddeutschen Landeskirchen waren es zunächst 1959 Hamburg, 1960 Kiel und 1961 Hannover und Lübeck, die sich für das Angebot der TelefonSeelsorge entschieden. 1963 kamen auch Bremen und 1967 Braunschweig hinzu.
Inzwischen sind die TelefonSeelsorgestellen längst nicht nur dort angesiedelt, wo die landeskirchlichen Verwaltungszentralen ihre Standorte haben. So gibt es in der Hannoverschen Landeskirche neben Hannover auch in Göttingen, Osnabrück, Wolfsburg, Soltau und Bad Bederkesa Standorte, an denen Ehrenamtliche für Telefonate zur Verfügung stehen. In der hannoverschen Landeskirche sind fast 500 Ehrenamtliche im Einsatz – sie führen jährlich etwa 90.000 Gespräche, von denen etwa 60.000 wirkliche Seelsorgegespräche sind. Der dafür notwendige Personalstand ist nur deshalb zu halten, weil einmal im Jahr in jeder der sechs TelefonSeelsorgestellen ein neuer Kurs für Mitarbeitende angeboten wird, in dem die künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lernen, auch in schwierigen Situationen bestehen zu können.
Neben dem Angebot, am Telefon über Probleme und Krisen zu sprechen, hat sich in den vergangenen 20 Jahren auch die Chat-Seelsorge entwickelt. Zwar ist bereits die TelefonSeelsorge ein niederschwelliges Angebot, weil die Anruferin oder der Anrufer redet, aber anonym bleibt. Im Chatroom brauchen Ratsuchende nicht einmal zu sprechen, was in Krisensituationen oft noch leichter fällt. (Horst Voigtmann)
Landesbischof Ralf Meister kam in Hannover mit Mitarbeitenden der TelefonSeelsorge (rechts Christian Voigtmann) ins Gespräch. Foto: Horst Voigtmann