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Foto: Andrea Hesse

"Man darf Betroffene nicht zutexten"

Nachricht 24. Oktober 2016

Fortbildung zur Notfallseelsorge in der Schule

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Michaela Engelmann und Joachim Wittchen stellten unter anderem den Trauerkoffer vor.


Es kann jederzeit passieren: Ein Schüler verunglückt tödlich. Eine Schülerin nimmt sich das Leben. Ein Kind fehlt plötzlich im Unterricht. Oder ein Platz im Lehrerzimmer bleibt leer. Die eigene Welt scheint aus den Fugen geraten. Und sofort steht die Frage im Raum: was nun?

Unter dem Titel „Plötzlich ist alles ganz anders“ lud die Religionspädagogische Arbeitsgemeinschaft des Kirchenkreises Hameln-Pyrmont im Oktober zu einer Fortbildung zum Thema Notfallseelsorgeeinsätze in der Schule ein. Mehr als 30 Lehrerinnen und Lehrer der verschiedenen Schulen des Landkreises diskutierten mit den beiden Referenten Pastor Joachim Wittchen und Schulpastorin Dr. Michaela Engelmann über die Möglichkeiten der Krisenintervention in der Schule.

Die Teilnehmenden erfuhren dabei von Joachim Wittchen, landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge, eine schlichte aber dennoch oft verwirrende Wahrheit: „Eine nicht-normale Reaktion auf eine nicht-normale Situation ist normal.“ Wer also mit Kinder und Jugendlichen über Todesfälle und Krisen spreche, müsse sich auf jeden denkbaren und viele undenkbare Gefühlsausbrüche einstellen. Er müsse lernen, Ängste, Trauer und Wut der Schülerinnen und Schüler auszuhalten. Und er müsse es ertragen können, wenn das Gegenüber einfach schweigt – weil  Menschen mit traumatischen Erfahrungen oft nicht mehr wissen, was sie sagen sollen. „Solche Menschen darf man nicht zutexten“, sagt Wittchen. „Sondern man muss mitschweigen, so schwer das auch ist.“

Anhand eines Trauerkoffers mit diversen Notfall-Utensilien wie Kerzen und Kondolenzbuch zeigte Michaela Engelmann, Leiterin der Religionspädagogischen Arbeitsgemeinschaft, welche Möglichkeiten es gibt, auch in der Schule Räume für Gedenken und Abschied zu schaffen. „In jeder Schule sollte ein Trauerkoffer vorhanden sein“, betont sie. „Weil man dann im Fall der Fälle nicht mehr alles zurechtlegen muss, sondern sofort handeln kann.“ Dieses Handeln übten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend anhand von konkreten Fallbeispielen.

Einig waren sich alle Beteiligten am Ende der Fortbildung darin: „Der Nachmittag hat sich gelohnt und uns viele neue Erkenntnisse gebracht“, formulierte es eine Teilnehmerin.